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  • Fundstücke im Zwischenraum

    Auf meinen Wegen durch Görlitz sind mir Objekte begegnet, die scheinbar beiläufig im Stadtraum existieren: leere Flaschen, Bänke ohne Sitzende, Skulpturen… Dinge, die nicht im Zentrum stehen, sondern am Rand des Blickfeldes auftauchen – und gerade deshalb eine eigene Präsenz entwickeln.

    Im Kontext des japanischen Ma werden diese Gegenstände zu Markierungen des Zwischenraums. Sie füllen nicht, sie zeigen das, was fehlt: die Menschen, die Nutzung, die Geschichte. Ihre Stille verweist auf die Leere, die sie umgibt.

    So entstehen Bilder einer Stadt, die in den kleinsten Spuren ihre Trostlosigkeit offenbart. Die Objekte sind nicht mehr Gebrauchsgegenstände, sondern stille Zeichen einer Abwesenheit, die den Raum zwischen Vergangenheit und Gegenwart sichtbar macht.

  • Verlorene Durchgänge

    Türen und Tore markieren Übergänge – sie öffnen Räume, verbinden Innen und Außen, versprechen Zugang. In Görlitz aber stehen viele dieser Durchgänge still. Sie sind abgenutzt, beklebt, verriegelt oder vom Verfall gezeichnet. Statt einladend zu wirken, erzählen sie von Vergänglichkeit, von dem, was einmal war und nicht mehr ist.

    Im japanischen Konzept des Ma bedeutet ein verschlossener Zugang nicht nur das Ende einer Bewegung, sondern auch die Entstehung eines Zwischenraums. Das, was fehlt – die Offenheit, die Einladung, die Funktion – wird sichtbar als Leere.

    So verwandeln sich die Türen und Tore dieser Stadt in stille Zeichen einer Trostlosigkeit. Sie sind nicht mehr Schwellen des Übergangs, sondern Bilder der Abwesenheit. In ihrem Schweigen liegt ein Raum der Betrachtung, in dem sich das Unsichtbare zeigt: das Ma, die Leere, die das Vorhandene umgibt.

  • Zwischen Spiegelung und Verhüllung

    Fenster sind Übergänge – sie öffnen den Blick nach innen und lassen das Außen herein. In Görlitz jedoch begegnen sie uns oft in anderer Gestalt: verrammelt, zugeklebt, verhüllt. Andere wiederum spiegeln nicht das Leben dahinter, sondern nur die Straßen davor.

    In dieser Serie verdichten sich die Fenster zu Bildern einer Stadt, die ihre Transparenz verloren hat. Sie zeigen nicht mehr, was drinnen geschieht, sondern reflektieren nur noch das Außen oder verweigern den Blick vollständig.

    Im japanischen Konzept des Ma wird gerade dieser Zwischenraum bedeutsam: die Leerstelle zwischen Innen und Außen, zwischen Sehen und Nicht-Sehen. Die Fenster dieser Stadt sind nicht mehr Übergänge, sondern Zeichen einer Abwesenheit. Ihr Schweigen macht sichtbar, was fehlt.

  • Das Schweigen der Häuser

    Die Fotografien dieser Serie richten den Blick auf Fassaden und Schaufenster einer Stadt, die nichts mehr preisgeben. Orte, die einst für Austausch, Begegnung und Leben standen, sind heute verschlossen, verhüllt, blind. Türen und Fenster verlieren ihre Funktion, Schaufenster sind nur noch Oberflächen – sie zeigen nichts, außer der eigenen Leere. Dazwischen zeugen renovierte Objekte von dem Wunsch, Leben und Bewegung in die Stadt zu bringen.

    Im Sinn des japanischen Konzepts Ma wird gerade diese Abwesenheit zum Ausdruck: Der Leerraum zwischen Innen und Außen, zwischen Vergangenheit und Gegenwart, wird sichtbar. Was nicht gezeigt wird, spricht lauter als das Sichtbare.

    So verdichten sich die Fassaden zu stillen Bildern einer Stadt im Schweigen. Nicht die Dinge selbst, sondern das Nicht-Sein formt ihre Aussage. Die Leere wird zur Gestalt, und Trostlosigkeit verwandelt sich in eine stille, fast kontemplative Erfahrung.

  • lost in Görlitz

    Die Bilder dieser Serie zeigen Menschen, die inmitten einer Stadtlandschaft auftauchen, die keinen Halt mehr gibt. Fassaden bröckeln, Plätze schweigen, Türen führen ins Nichts – und doch bewegen sich Einzelne durch diese Kulissen. Sie wirken klein, isoliert, fast verloren in Räumen, die weder Heimat noch Ziel sind.

    Im japanischen Konzept des Ma wird gerade dieses Zwischen-Sein bedeutsam: die Stille, die Lücke, die Pause zwischen den Dingen. In dieser Serie sind die Menschen nicht Protagonisten, sondern Durchwanderer einer Leere, die größer ist als sie selbst. Ihre Anwesenheit macht das Fehlen noch sichtbarer.

    So wird Trostlosigkeit nicht nur in der Architektur spürbar, sondern auch in der Haltung der Körper im Raum: ein Gehen ohne Richtung, ein Warten ohne Ziel. Ma offenbart sich hier als der unsichtbare Rahmen, in dem die Verlorenheit zur Gestalt wird.

  • Gallentiner Kurve


    Bei dem Streckenausbau der Deutschen Bahn wird bei Gallentin nahe Bad Kleinen eine sogenannte Verbindungskurve errichtet. Damit soll es künftig möglich sein, mit dem Zug zwischen Lübeck und Schwerin zu fahren, ohne dass wie bisher Züge in Bad Kleinen wenden oder die Passagiere umsteigen müssen. Die Arbeiten sollen 2028 abgeschlossen sein. Da das Ganze quasi bei mir „vor der Haustür“ stattfindet, musste ich erstmal eine Fotorunde drehen.

  • Dresden 03.06.2025

    Da ich mir die Wolfgang Tillmans Ausstellung „Weltraum“ unbedingt anschauen wollte, habe ich mich für einen Kurztrip nach Dresden entschieden. Eindrücke, die ich in der Stadt und während der Bahnfahrt gesammelt habe, wurden mit dem Smartphone visuell umgesetzt.

  • Wolfgang Tillmans Weltraum


    Wolfgang Tillmans (*1968, Remscheid, lebt und arbeitet in Berlin und London) schafft Werke, die uns auf einzigartige Weise erlauben, unser Zusammenleben zu beobachten. Mit seiner gesteigerten Aufmerksamkeit für die Dinge, die ihn und uns umgeben, lassen uns seine ikonischen Fotografie-Installationen, seine Video-, Text- und Musikarbeiten sowie seine Künstlerbücher die Welt durch seine Augen sehen. Seit fast vier Jahrzehnten wächst Tillmans’ enzyklopädischer Bilderkosmos kontinuierlich weiter: Mit der Ausstellung Weltraum präsentiert das Albertinum einen Querschnitt durch das vielfältige Schaffen des Künstlers, erweitert durch neue Arbeiten, die seit 2022 entstanden sind und erstmals in einem institutionellen Kontext gezeigt werden.

    Bildwelten abstrakter Fotografie, die aus dem physischen Experimentieren mit Licht, Papier und Chemie entstehen; Porträts von Zeitgenossen, Freunden und Begegnungen, seriell entwickelte Landschaftsbilder, temporäre Skulpturen mit Objekten des Alltags, die in Material und Form übersetzt werden – gemeinsam bilden sie Tillmans’ umfassendes künstlerisches Projekt, in dem Erzählungen aus der Beschäftigung mit Bildern hervorgehen. Antrieb seines Schaffens ist die Frage nach den Möglichkeiten des Sehens – wie sich die Wahrnehmung zwischen medialer Vermittlung und fotografischer Übersetzung konsequent zu befragen. „Was sehe ich, und was will ich sehen? Was ist auf dem Bild?“

  • Gardinenstoff im Fokus – Schattenformen

    In dieser Arbeit habe ich drei Aufnahmen einer Gardine erstellt, die sich mit der Wirkung von Licht und Schatten auf Stoffstrukturen befassen. Der Stoff ist eher schlicht und zeigt bedingt durch die Weichzeichnung eine zurückhaltende Textur, die an gewebtes Leinen erinnert. Bei genauer Betrachtung werden feine Linien, Nähte und Schattierungen sichtbar.

    Die erste Aufnahme zeigt die Stoffoberfläche mit vertikalen Linien. Diese Linien schaffen eine klare Struktur und unterstreichen die ruhige, zurückhaltende Anmutung des Materials. In der zweiten Aufnahme verstärken sich die Schatten und formen weiche Konturen. Die Form erinnert an einen Akt, wobei sich sanfte Übergänge zwischen Licht und Schatten ergeben. Das dritte Bild zeigt ebenfalls diese Struktur und Linienführung, die vom Licht aufgenommen und weitergeführt wird.

    Diese Arbeit zeigt wie Lichtverläufe und Schattenwürfe auf einem einfachen Stoff neue Formen und visuelle Ebenen entstehen lassen. Durch die Reduktion auf wenige Elemente – Stoff, Licht und Schatten – entsteht eine stille, aber klare Bildsprache. Das Ziel dieser Arbeit ist es, alltägliche Materialien aus einem neuen Blickwinkel zu betrachten und dabei ihre formalen und ästhetischen Qualitäten sichtbar zu machen.

  • Im Schatten zwischen den Welten


    Verblasst und verloren liegt der Boden vor uns, ein Meer aus Staub und Scherben. Zwischen den brüchigen Körnern taucht das flüchtige Antlitz des Vergänglichen auf – ein geisterhaftes Gesicht, gezeichnet von Zeit und Verfall. Es ist ein Symbol des Memento Mori, gemalt mit den grauen Fingern der Vergänglichkeit.

    Schwer hängen die Worte über diesem Boden, flüsternd wie der Windhauch durch leere Räume: „getragen von leeren Schwingen“, „in den Tiefen des Schweigens“. Worte wie Schatten, die den Raum mit einer düsteren Poesie füllen. Jede Silbe legt sich auf die Erde wie Asche, als ob die Welt selbst den Atem anhielte.

    In dieser Komposition aus Text und Bild öffnet sich ein Tor zu einer anderen Welt – ein Reich der Schatten, das wir selten betreten. Es ist ein stiller Tanz zwischen Staub und Ewigkeit, eine Melodie aus Staubkörnern, die im Zwielicht leise verklingen. Doch auch wenn alles vergeht, bleibt der Hauch dieser vergänglichen Schönheit bestehen – ein Echo der Endlichkeit, das uns sanft daran erinnert: Wir wandeln alle zwischen den Welten.